… oder die Rede zur Lage der Nation – was mich zur Zeit gerade ankotzt.
Gestern Abend hatte ich nach Büroschluss eine Nachricht eines Kunden auf dem Tefifon. Ich sollte doch bei Gelegenheit mal Zurückrufen – es gäbe da Probleme mit dem Maschenwerk einer Abteilung.
Wohlgemerkt: das war keine Alarmierung! Dafür haben wir Notfall-/Pikettnummern…
Also heute Morgen mal kurz durchgeklingelt und eine der H2O2-Liebhaberinnen zu diesem Thema befragt.
“Ja, in der Abteilung 121GW (F+E) haben sie Probleme mit dem Internet und den Emils. Verschiedene Mitarbeiter waren schon bei Herrn J. (Anm. der Redaktion: 2nd Level-Giftzwerg), er hat etwas gemacht, es klagen aber immernoch Leute. Kommen Sie doch bitte mal vorbei.”
Also kurz einen Notfall erfasst und ausgerückt.
Jetzt muss man wissen, dass der Kunde ausserordentlich dezentralisiert ist – die Abteilungen sind im ganzen Dorf verteilt. Verwaltung und Lager beim Bahnhof (aber auf unterschiedlichen Seiten), Produktion im Industriequartier, Bonzenpyramide am Südhang, die Informatik bei den Stadtwerken und die F+E zur Untermiete bei einem Tiefkühltranspörtler. Es ging bautechnisch nicht anders.
Zuerst in der Informatik die Protokolle (nicht mit den Logfiles zu verwechseln!) eingesehen. Vom 2nd level waren keine Protokolle vorhanden und von den Mitarbeitern keiner greifbar. Aus dem Anwesenheitsplan und den L1-Protokollen konnte ich mir errechnen, dass da irgendwas mit der Anbindung ans Rechenzentrum nicht stimmen konnte.
Also weiter zur F+E gesegelt und den ersten Rechenknecht, welcher meinen Weg gekreuzt hat, geentert. Diagnose: die Meile ins RZ ist tot.
Bekanntes Problem. Die einzelnen Standorte sind per Darkfiber (unbeschaltete Glasfaserleitungen) verbunden. Hin und wieder bringen die Stadtwerke Licht ins Dunkel, meistens wenn sie irgendwo ein Loch in den Boden brüllen oder die Distribution Box streicheln.
Die an den Endpunkten eingesetzte Hardware ist etwas Fehleranfällig (da alt, fett und hässlich) und kann “fremdes Licht” absolut nicht ab. Wachhunde gibt’s keine, ein Mitarbeiter muss manuell auf die “Reset Line”-Taste hauen. Und das möglichst gleichzeitig an beiden Endpunkten.
Danach kurz mal das Log vom Endpunkt im RZ ausgelesen. Datum der letzten erfolgreichen Kommunikation: Dienstag morgen. (jetzt ist Donnerstag)
Die Personen in der F+E haben also über 24 Stunden gebraucht um festzustellen, dass sie keine Informatikleistungen mehr beziehen konnten… Die Arbeit muss da sehr stressig sein. Was zum Teufel Arbeiten die faulen Kartoffeltransportbehälter aus Jute da eigentlich?!?
Das Theater mit den Protokollen gab auch noch ein Nachspiel: Eigentlich sollte jede Aktion, welche die Informatik da tätigt, zwecks Nachvollziehbarkeit protokolliert werden – denn im Notfall müssen wir Admins ja irgendwie wissen, was wann wie und vom wem gemacht wurde.
Die L2-Giftzwerge haben vor ein paar Wochen beschlossen zu meutern. Man bezeichnete die Protokollierung als Schikane und nutzlose ABM und hat sie seit dem nicht mehr durchgeführt.
Nicht dass man jetzt denkt, dass die in der IT viel zu tun hätten. Auf ca. 210 mehr oder weniger produktive Mitarbeiter kommen 3 L1-Blondchen, 3.5 L2-Arrogantoren und ein Applikationsadmin. (Der Rest der Admins wird von uns gestellt). Die L2-Giftzwerge sind alle so zwischen 20 und 30, und seit wir ihnen Gesichtsbuch, Zwitscher, Duröhre usw… weggenommen haben scheint ihnen langweilig zu sein.
Den Preis für maximale Dumm- und Faulheit am Arbeitsplatz bekam zu Schluss Herr J. Er hatte 8 Mitarbeitende der F+E inklusive ihren Computern zur Fehlerdiagnose in die IT geordert. Die Nicht-Notebook-Benutzer mussten ihre Computer selber abbauen!
Der Preis war mit der Kündigung inkl. sofortiger Freistellung dotiert. Erstaunlich wie viele Protokolle heute Abend im Register lagen…
Und mit solchen Leuten muss ich zusammen arbeiten!