Eins vorweg: in diesem Artikel gibt’s keine Fotos. Es geht um ein im Computerbereich übliches Speichermedium – dafür muss ich kein Aquarell pinseln.
Zur Weihnachtszeit ging mein Vorrat an SD-Karten langsam zur Neige – ein paar Neue mussten her. Auf einem meiner nächtlichen Shoppingtouren auf eKauf entdeckte ich ein Angebot, welches man offensichtlich nur ausschlagen konnte: 5x 4GB SD Class 10 eines namhaften Herstellers für $1.99.
Bei einem solchen Angebot sollte eigentlich jeder den Betrugsversuch riechen – der Preis ist so niedrig, dass entweder keine oder unbenutzbare Ware ankommt.
Da ich noch einen BezahlFreund-Bezugsschein im Wert von 5 Piepen hatte bestellte ich mir 3 Stück aufs Geratewohl.
6-8 Wochen später stand der Paketsklave vor meiner Tür und drückte mir einen Luftpolster-Umschlag, abgeschickt in Singapur mit chinesischer Zolldeklaration in die Finger.
Die Karten waren allesamt “etwas dünn” geraten – dem durchschnittlichen Zuschauer eines deutschen Spartenfernsehsenders für Mitbürger mit Testikelhintergrund dürfte ja aber bekannt sein, dass beim Umrechnen von Masseinheiten eine grosse Rundungstoleranz herrscht – so ist 1″ irgendwas zischen 1 und 3 Zentimetern. Soll also nichts heissen, wenn die Karten etwas dünn sind… Auch dass die Etiketten aus Papier bestanden und das Herstellerlogo ein Grammatikfehler enthielt fiel auch kaum auf.
Erstaunlicherweise wurden die Karten vom Rechenknecht anstandslos akzeptiert und beschrieben, allerdings nur die ersten 64/128/256 MB. Schrieb man hinter diesen Bereich wurde einfach wieder von Anfang an beschrieben.
Irgendwie doof…
Auf Grund der mechanischen Grösse kam mir irgendwann die Idee, dass es sich dabei um umprogrammierte MMC-Karten älteren Baujahres handeln könnte…
Im Prinzip besteht ja so eine SD oder MMC-Karte nur aus einem Flash-Chip, einem Microcontroller und etwas Hühnerfutter. Den Kleinkontrollör kann man – das entsprechende Wissen und die Ausrüstung vorausgesetzt – umprogrammieren wie man will.
Nun kann ich mir nicht vorstellen, dass der Ersteller der Karten der chinesischen Drohne #187543782 den Quelltext ausgehändigt hat – also kann es doch nicht so kompliziert sein.
In meiner gewohnt freundlichen und zuvorkommenden Art habe ich mich beim Verkäufer erkundigt. Was der Chinese so alles für eine positive Bewertung tut… Nach einigem Hin- und her hatte ich ein kleines Programm und eine Anleitung in meinem elektronischen Briefkasten. Beides mit “optimalen” Design, das Programm liess sich nur auf Windows 98 ausführen und alles war in einer Mischung aus Englisch, Yue und Tamil geschrieben. Eine Herausforderung für das Übersetzungsprogramm der “Söhne im Geiste” von Herrn Edward Kasner.
4 zerstörte Karten später war mir die Bedienung der Software und das Verkabeln am Zeilendruck Terminal-Anschluss bekannt. So konnte ich 11 Karten wieder in ihren ursprünglichen Zustand versetzen.
Wer weiss, was heutzutage MMC-Karten für die Industrie, zwischen 64 und 512MB, kosten weiss, warum ich mir gerade ein zusätzliches Loch in den Hintern freue…